Mein Weg in die agile Softwareentwicklung

Ja, aber! – oder wie man von Pseudo-Wertschätzung zu echter Wertschätzung kommen kann

Um es kurz vorwegzunehmen: ich hasse es! Tut mir leid, das so sagen zu müssen, aber es stimmt; ich hasse es, wenn in Diskussionen immer und immer wieder (gerne auch von einer Person) das „Ja, aber …“ kommt. Bevor ich mich in einer Tirade auslasse, versuche ich mich dieser Floskel mal etwas sachlicher zu nähern.

Ja, aber …

Signalisiert werden soll durch das „Ja“ eine Form der Zustimmung, eine Wertschätzung des soeben vorgetragenen Argumentes. Man drückt Verständnis aus für die Diskussionspartner und knüpft, so scheint es, an deren Argumente an. Tatsächlich geschieht mit Hilfe des „aber“ genau das Gegenteil: ein quasi gegenteiliges Argument wird vorgetragen, es geschieht keinerlei Annahme bzw. Übernahme von Ansätzen oder auch nur der Versuch des Verstehens. Die Diskussion, der hoffentlich wertstiftende Ausstausch, wird dadurch rüde abgebrochen und das eigene Argument konfrontativ dagegen gesetzt.

Das Signal „Ich wertschätze dein Argument!“ wird ad absurdum geführt und dadurch ins Gegenteil verkehrt. Der Argumentationspartner wird auf eine pseudo-höfliche Art abgekanzelt, sein Argument nicht wahrgenommen und schon gar nicht daran angeknüpft oder fortgeführt. Ich möchte sogar behaupten, dass diese Floskel genau dies bewirken soll: vorgetäuschte Zustimmung bei gleichzeitiger vollständiger Ablehnung; eine Pseudo-Wertschätzung.

Wie also dieses unsägliche „Ja, aber …“ loswerden? Wie kann ich ein Team dazu bringen tatsächlich wertschätzend, sich auf Augenhöhe auszutauschen, zu diskutieren und wertschätzend zu streiten? Ich bin mal in mich gegangen und habe versucht zusammenzufassen, welche groben Ansätze ich schon mal angegangen bin.

Argumente wiederholen

Ich bitte die Teammitglieder auf ein ausführlich vorgetragenes Argument nicht sofort mit einem Gegenargument zu reagieren, sondern das vorherige in einem Satz kurz zusammenzufassen und damit kurz die Position des Gegenüber einzunehmen.

„Habe ich dich richtig verstanden, dass du xyz willst?“

„Dein Argument ist also, dass xyz?“

„Ich habe verstanden, dass du xyz willst.“

Das Signal ist: ich habe dir zugehört, ich kann dein Argument nachvollziehen und verstehen. Ergebnis: wertschätzender Austausch

Durch die Wiederholung zwingt man sein Gehirn dazu, sich mit der Gedankenwelt des Diskussionspartners zu beschäftigen und dadurch eine eigene Form von Verständnis zu kreieren.

Ich-Bezug

Ich bitte die Diskussionsteilnehmer kurz darüber nachzudenken, was das gerade im Raum stehende Argument bei jedem einzelnen hervorruft. Dabei bitte ich auf Gefühle zu achten.

„Ich habe ein schlechtes Gefühl dabei, xyz anzustreben.“

„Ich rege mich gerade innerlich auf, da ich xyz schon so oft gesehen habe.“

„Ich freue mich, dass wir endlich xyz ansprechen, damit wir in dieser Sache weiterkommen.“

Es geht dabei also immer um die Wirkung auf mich selbst, aber nie um eine Abwertung des Gegenüber. Das signalisiert Augenhöhe und damit Wertschätzung des Diskussionspartners.

(Ich meine solche Ansätze schon mal im Rahmen des Themas „Gewaltfreie Kommunikation“ (Rosenberg) gelesen zu haben. Das ist noch ein Thema, dass ich mal vertiefen will …)

Argumente-Battle

Wertschätzung wiederherzustellen kann auch dadurch gelingen, indem die Argumentationspartner im Rahmen eines Experimentes ihre Ansichten initial ausarbeiten und dem gesamten Team zur Diskussion stellen. Das ist in einer technischen Fragestellung natürlich einfacher, als in einer persönlichen.

Beispiel eines eher persönlichen Sachverhaltes: einem Mitglied aus dem Team wird vorgeworfen, sich mit allem Möglichen zu beschäftigen, nur nicht mit der Erreichung des Sprintziels. In einer geschützten Atmosphäre unter Anleitung eines Moderators können dann die Tätigkeiten (Erreichen des Sprintziels vs. anderer Tätigkeiten) dem Team vorgestellt und vertreten werden. Das Team funktioniert dann als Schiedsrichter und kann auf einer anderen Ebene zu Ergebnissen, Entscheidungen und/oder Kompromissen gelangen.

Das Ziel, wertschätzend und auf Augenhöhe miteinander umzugehen, wird so erreicht.

 

Wohl wissend, dass dieses Thema damit in keinster Weise abschließend bearbeitet ist, würde ich mich hier über Hinweise, Anregungen, Tipps und Feedback freuen. Was macht ihr, um dem Team das „Ja, aber“ auszutreiben? Oder findet ihr das gar nicht so schlimm wie ich?

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